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Wo es lang geht (wo es kurz geht)

Sorry. Hier kein aufgebrachtes Entsetzen über die „Panama Papers“. Nicht bei mir. Falls Sie so etwas suchen, finden Sie alles, was Ihnen diesbezüglich eine Freude macht, bei den Kollegen der diversen Nachrichtenseiten.

Dieser Cyberschuster bleibt bei seinen digitalen Leisten. Heute möchte ich viel lieber über die deutsche Sprache lästern – wie gewohnt vom Standpunkt des Migrantlers.

Die heutigen Überlegungen beziehen sich auf meine Unfähigkeit, „in die Gänge“ zu kommen, ein Bild, das seinen Ursprung sicherlich im KFZ-Bereich hatte. In meinem Fall ist die Müdigkeit einem hartnäckigen „Jetlag“ verschuldet.

„In die Gänge kommen“. Als ich an obiges Idiom dachte, fiel mir ein, dass ich ebenso gut hätte schreiben können: „Heute komme ich nicht in die Puschen“.

Das sagt meine Frau nämlich, weil ihre Mutter in Berlin groß wurde.

Dann überlegte ich: Hmm, meine Frau sagt „Puschen“ mit kurzem „U“. Aber warum?

„Weil“, antwortet der deutsche Besserwisser, „der Vokal von drei Konsonanten („sch“) gefolgt wird. „Denken Sie, Herr Sprachbloggeur an ‚Busch‘. Auch kurz oder an ‚Wuschel‘ oder ‚nuscheln‘. Alles mit kurzem ‚U‘.“

„Ja, aber was ist mit ‚Dusche‘? Da wird das ‚U‘ lang gesprochen.“

„Nö, nö, nö“, Herr Sprachbloggeur. ‚Dusche‘ ist ein Fremdwort – wurde vom französischen ‚Douche‘ übernommen. Nur deshalb ist es lang.“

„Mag sein, lieber deutscher Besserwisser. Aber auch ‚Puschen‘ ist ein Fremdwort. Ich habe nämlich irgendwo gelesen, dass es vom slawischen ‚babuschka‘ hergeleitet wird und dass dieses Wort mit langem ‚U‘ gesprochen wird. Meine Frage: Wie soll ich wissen, ob eine Silbe lang oder kurz ist?“

Stillschweigen.

Wissen Sie, was mich ärgert? Wenn man Deutsch lernt (Achtung, Flüchtlinge!), bekommt man den Eindruck, dass es für beinahe alles (mit Ausnahme des Genus) handfeste Regeln gibt. Es wird einem, z.B., eingeschärft, dass ein Vokal lang ist, wenn es vor einem einzigen Konsonant und kurz wenn vor – mindestens – zwei Konsonanten steht: „Bote“, „Bottich“, „rot“, „Rotte“ usw. Da die Vokallänge im Deutschen sinnverändernd ist, muss der Fremde auf diese Längen genau achten. Ein „Staat“ ist keine „Stadt“. Wer diesen Regeln nicht folgt, gerät manchmal unfreiwillig in manche peinliche Situation. Er verwechselt „Ire“ und “Irre“, bezahlt „Ratten“ anstatt „Raten“ usw.

Die meisten Ausländer möchten sich gern anpassen, aber Fehler sind praktisch vorprogrammiert. Arme Ausländer. Zum Beispiel: Man fährt nach „Osten“. Natürlich ist das „O“ kurz – so will es die Regel. Doch dann kommt „Ostern“. Bis heute habe ich noch keine befriedigende Antwort auf die Frage gefunden, warum das „O“ in „Ostern“ lang und in „Osten“ kurz ist.

Okay, ich gebe zu. Es gibt wichtigere Probleme. Die Sache mit den „Panama Papers“ wird mit Sicherheit immer spannender. Doch Kleinvieh macht auch Mist und außerdem komme ich wegen des Jetlags ohnehin nicht in die Puschen.

Deshalb lasse ich‘s für heute. Schon jetzt geht mir die Puste aus.

„Puste“? Warum reimt sich „Puste“ nicht mit „Buste“? Wenn ich nur wüsste.

Über die Panama Papers zu schreiben, wäre bestimmt weniger anstrengend gewesen.

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