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Hype für Fortgeschrittene (mit hübschem Beispiel aus dem Leben)

Haben Sie auch neulich Post von der Deutschen Bahn erhalten? Bei mir schneite erst vor ein paar Tagen eine Art Faltbrief von der DB ins Haus rein.

Er war auf Glanzpapier gedruckt. Auf der Adressenseite las man den Spruch „Jetzt Grün sehen“ (natürlich grün gedruckt) und darunter in einem Kästchen die Worte „GO GREEN“. Die aufgedruckte Briefmarke zeigte grüne Bäume auf einem hellgrünen Hintergrund, daneben das Wort „Infopost“.

Ich schaute auf die Kehrseite. Unterhalb der weißen Lasche war die hübsch abstrahierte Darstellung eines Immergrüns mit der spritzigen Aufschrift „Tanne statt Tonne“. Netter Spruch, dachte ich.

Ich zog die Lasche hoch und sah auf ihrer Rückseite zwei abstrahierte Tannen mit der Aufschrift: „Ihr ‚Ja‘ für zwei Bäume“.

An diesem Punkt gelangt, so nehm ich an, werfen die meisten Menschen eine derartige Mitteilung schnurstracks in den Müll. Ich nicht. Ich war noch immer neugierig und faltete den Faltbrief auf. Er war lang wie ein Leporello.

Aber jetzt genug Details. Sonst werde ich Sie bald einschläfern. Lediglich die Kernbotschaft dieses Sendeschreibens möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Der Adressat sollte animiert werden, eine Postkarte vom Leporello abzutrennen und diese – unterschrieben – an die DB zurückschicken.

Mit dieser Unterschrift hätte die DB das Recht, Sie endlos mit Email-Werbung zu berieseln. Als Köder für diese Bewilligung versprach die DB für jedes „Ja“ einen Baum zu pflanzen. Und:

„Zudem erhalten Sie für Ihre Unterschrift 250 Prämienpunkte, die Sie bis zum 31.03.2015 für die Pflanzung eines zweiten unter www.bahn (etc.) an das Bergwaldprojekt spenden können.“

Wie bitte? dachte ich. Heißt das, dass ich 250 Prämienpunkte bekomme, aber nur um sie für einen zweiten Baum auszugeben?

In diesem Augenblick fiel mir das Wort „Hype“ ein – was nicht bedeutet, dass ich diesen Dreh der DB-Marketingleute nicht bewunderte. Das Verwirrspiel mit Prämienpunkten, Umweltgewissen usw. ist echt klasse.

Doch so viel zum im Titel versprochenen Beispiel. Jetzt geht’s ums Spachliche, also um die Vokabel „Hype“ – sprich „heipp“.

Dieses amer. Fremdwort hat sich erstaunlich schnell im deutschen Wortschatz eingebürgert. Es steht sogar schon im Duden, besitzt also sozusagen zwei Pässe. Wörter haben es oft viel einfacher als andere Migranten. „Hype“ war obendrein kein Flüchtling.

Etwas stört mich an diesem Wort aber. Und zwar: Warum heißt es der und nicht die „Hype“? Dieses Wort stammt nämlich vom griechischen „Hyperbole“ („Übertreibung“) und ist auf Greichisch weiblich. Auch die deutsche Version, „Hyperbel“, ist weiblich. Trotzdem sagt man heute der „Hype“. Das verstehe ich nicht.

Zweites Problem: Dieses Wort wird im Deutschen so wohl im Singular wie auch im Plural benutzt: „der Hype“ und „die Hypes“.

Englischsprechende, wie ich einer bin, halten es für abartig, wenn ein Wort wie „Hype“ in der Mehrzahl gebraucht wird. Es klingt so…unenglisch. In meiner Muttersprache unterscheiden wir nämlich sehr streng zwischen Wörtern, die zählbar sind (also „house“, „apple“ „car“ usw.) und denen, die unzählbar sind. Das sind meistens abstrakte Nomen, etwa „freedom“, „wisdom“, „information“ und halt „hype“.

Ich bin der Meinung, dass nur Prämienpunkte zählbar sind. Fürs dt. Ohr ist jeder einzelner Punkt wohl ein „Hype“ für sich. Das wissen die Marketingleute, nehm ich an. Sie kennen ihre Pappenheimer. Auch Pappenheimer sind zählbar.

Mehr muss man über Hype nicht erklären.

PS: Bin nächste Woche wieder auf Forschungsreise. Noch unklar, ob ich nächste oder erst übernächste Woche den nächsten Beitrag veröffentliche.

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