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Wie sagt man „Shitstorm“ auf Englisch?

Hmmm. Kann es sein, dass mein neuester Spammer – tut mir leid, ich habe seinen Namen schon vergessen – dem gleichen kriminellen Verein gehört, der das Konto meines Sohnes neulich geplündert hat?

Es passierte vermutlich in Marokko. Dort ging mein Sohn auf die Bank, um Geld mit seiner EC-Karte abzuheben.

„Vor der Tür stand ein Wächter, und die Bank machte einen seriösen Eindruck“, beteuerte er.

Meine Theorie: Die Bande hat den Wächter bestochen, damit er „ein Auge zudrückt“. (Das Idiom klingt hier ein bisschen zu niedlich). Verständlich aber, dass ein marokkanischer Wächter vor der Bank so was machen würde (gesetzt den Fall, ich habe recht). Die zusätzlichen Verdienste von der Bande sind wahrscheinlich höher als sein ganzes Monatsgehalt.

Unserer Bank in München zufolge wurde inzwischen Geld vom Konto meines Sohnes in Ekuador und in den USA abgehoben. Ja, so ist es mit der Globalisierung im digitalen Zeitalter. Al Capone würde vor Neid erblassen.

Aber nun eine sprachliche Frage: Wie drückt man diese unliebsame Situation meines Sohnes in englischer Sprache aus? Zu bemerken: Das Geld fehlt, er muss zur Polizei, zur Bank, lauter unangenehme Umständlichkeiten. Außerdem kann er, wie geplant, nicht mehr nach Wien fahren – weil ausgerechnet er, ein junger Mensch, der wohl noch bescheidener lebt als der Wächter in Marokko, ins Visier internationaler Kriminalität geraten ist. Antwort: Er könnte sagen: „That was a real Shitstorm“.

„Shitstorm“ bedeutet nämlich auf Englisch, um ein ähnlich fäkales deutschsprachiges Wortbild zu verwenden: „die große Scheiße“. Ein „shitstorm“ ist eine unangenehme und chaotische Situation.

Anders natürlich der Sinn des neuen deutschen Modewortes „Shitstorm“, ein Wort, das jeder auf Anhieb für ein Importprodukt aus der angelsächsischen Welt hält – wie „Computer“ und „Timing“. Diese neue Vokabel (es gibt sie seit ca. 2010) ist bereits so beliebt, dass sie in den neuen Duden („Die deutsche Rechtschreibung“) aufgenommen wurde. Dort wird sie folgendermaßen definiert: „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht.“ Nebenbei: Es heißt „DER Shitstorm“ und wird in der Mehrzahl, weil angeblich Englisch, mit einem „S“ versehen. Ich persönlich fände „Shitstörmer“ viel hübscher.

Deutsches „Shitstorm“ ist also so Englisch wie „Handy“. Dennoch wurde es 2011 als „Anglizismus des Jahres“ ausgezeichnet – ohne einen Sturm der Entrüstung zu entfachen.

Wer Zeit und Lust hat, kann in der deutschsprachigen „Wikipedia“ einen langen Traktat über den Begriff „Shitstorm“ lesen. Hut ab für den Autor oder die Autoren, sog i. Man spürt welch wissenschaftlicher Drang hinter diesem Artikel steckt. Ich habe viel gelernt über den Werdegang des Wortes.

Es ist mir nur nicht ganz schlüssig, wie dieses Wort – urplötzlich – den Sinn von „Sturm der Entrüstung“ in den „sozialen“ Medien usw. bekam. (Nebenbei: Kennt jemand ein besseres Wort als „sozial“, um den Begriff „social media“ ins Deutsch zu übersetzen?)

Und noch eine Frage: Darf man das, was in Ägypten gerade geschieht als „Shitstorm“ bezeichen? Ich meine die Entrüstung der Mursi-Gegner und die der Muslimischen Brüder? Und sind die empörten Leserkommentare, die man in „Spiegel-Online“ oder „Zeit-Online“ usw. liest auch „Shitstörmer“?
Ich weiß es nicht. Und da der „Shitstorm“ ohnehin noch in den lexikalischen Windeln steckt, kann alles noch werden.

Es ist aber nett, zuzuschauen, wie ein frischgeborenes Wörtlein wächst, nicht wahr?

Wenn ich an den kriminellen Verein denke, der meinem Sohn einen englischen „Shitstorm“ bereitete, will ich den Oberbonzen dieses Vereins, falls sie über eigene Seiten im „sozialen“ Medien verfügen, viele eigene schöne deutsche „Shitstörmer“ wünschen.

Aber zurück zur Eingangsfrage: Wie sagt man „Shitstorm“ auf Englisch? Leider habe ich keine Ahnung.

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